Am Limit: Wie der Pflegenotstand Pflegekräfte an seine Grenzen bringt und unsere Gesellschaft belastet

Der Pflegenotstand – ein Thema, das uns alle betrifft. Viele junge Menschen machen sich schon jetzt Gedanken, ob sie im Alter noch ausreichend versorgt werden können. Es gibt immer mehr ältere Menschen, die professionelle Pflege benötigen, gleichzeitig fehlt es in Deutschland an geschultem Pflegepersonal. Niedrige Löhne bei schwierigen Arbeitsbedingungen sind die Hauptursache dafür, dass sich immer mehr Pflegekräfte beruflich umorientieren. Doch was können wir dagegen tun? 

In diesem Blogbeitrag erfährst du alles über die Ursachen und Folgen des Pflegenotstands und welche Lösungsansätze es gibt, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und eine möglichst lückenlose Versorgung für zukünftige Generationen zu gewährleisten.

Definition von Pflegenotstand

Der Begriff Pflegenotstand hat seinen Ursprung in Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren. Damals wurde der Ausbau von Krankenhäusern erheblich vorangetrieben, wodurch ein hoher Bedarf an Pflegepersonal entstand. Heutzutage wird der Begriff verwendet, um den anhaltenden Mangel an Pflegekräften zu beschreiben. Dieser Mangel betrifft sowohl Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen als auch ambulante Pflegedienste und hat weitreichende Auswirkungen auf die Versorgung von hilfsbedürftigen Menschen. Kranke, alte und behinderte Personen leiden häufig unter einer unzureichenden Betreuung. Gleichzeitig sind ausgebildete Pflegekräfte am Limit und kommen mit der Versorgung der vielen Patient:innen kaum nach. 

Die Ursachen des Pflegenotstands

Die Ursprünge des Pflegenotstands lassen sich auf verschiedene Faktoren zurückführen. Einer dieser Faktoren ist der demografische Wandel. Durch den Fortschritt der Medizin steigt die Lebenserwartung und die Anzahl älterer Menschen nimmt kontinuierlich zu. Gleichzeitig werden immer weniger Kinder geboren, die später die Pflege der Älteren übernehmen könnten. 

Schlechte Arbeitsbedingungen

Eine Hauptursache sind die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen Pflegekräfte tagtäglich arbeiten müssen. Sie sind einem hohen Stresslevel und sowohl psychischen als auch körperlichen Belastungen ausgesetzt. Leider wird ihre wertvolle Arbeit oft nicht ausreichend von Patient:innen, Einrichtungen und der Gesellschaft geschätzt. Dadurch verlieren viele Pflegekräfte ihre Motivation und suchen nach anderen Tätigkeiten. 

Niedrige Gehälter

Ein weiterer Faktor, der zum Pflegenotstand beiträgt, sind die niedrigen Gehälter in der Pflegebranche. Trotz anspruchsvollen Arbeitsbedingungen verdienen ausgebildete Altenpfleger:innen im Durchschnitt nur ca. 3.344 Euro brutto im Monat, während Krankenpfleger:innen gerade einmal 2.867 Euro verdienen. Diese vergleichsweise geringen Gehälter stehen nicht im Verhältnis zu den Anforderungen, die an die Pflegenden gestellt werden. Dies erschwert nicht nur die Gewinnung neuer Pflegefachkräfte, sondern führt auch dazu, dass erfahrene Pfleger:innen die Branche verlassen.

Pflegesystem und Politik

Unser Pflegesystem und die Politik spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren gab es zwar einige Neuregelungen, die Maßnahmen reichen jedoch nicht aus, um den zunehmenden Bedarf an Pflegepersonal zu decken. Einrichtungen sind unterbesetzt und die dort eingestellten Fachkräfte überlastet. Die Folgen: eine Verschlechterung der Versorgungssituation und zunehmender Zeitdruck für das Personal.

Trend zur stationären Pflege

Es ist auch ein Trend zur stationären Pflege zu beobachten. Während in der ambulanten Pflege ein Pflegekraftverhältnis von eins zu zwei besteht, liegt dieses Verhältnis in der stationären Pflege bei eins zu eins. Das bedeutet, dass in der stationären Pflege ein höherer Bedarf an Pflegepersonal herrscht. Die verstärkte Nachfrage nach einer stationären Unterbringung stellt eine zusätzliche Herausforderung dar und trägt zur Verschärfung des Pflegenotstands bei.

So wirkt sich der Pflegenotstand auf Pflegekräfte aus

Pflegekräfte jonglieren unermüdlich zwischen Patient:innen, springen für erkrankte Teammitglieder ein und schieben Überstunden am Fließband – alles aus Liebe zum Beruf, aber auch, weil es nicht anders geht. Gesundheitliche Probleme wie Burnout, Angstzustände und Depressionen sind neben körperlichen Erkrankungen immer häufiger die Folge. Das wiederum führt zu Ausfällen und verschärft den Personalmangel. Ein ewiger Teufelskreis, der durch den Pflegenotstand angeheizt wird. 

Und dann ist da noch die Sache mit der Weiterbildung – ein Luxus, den sich kaum eine Pflegekraft leisten kann, wenn schon für die Grundversorgung der Patient:innen die Zeit fehlt. Die berufliche Weiterbildung bleibt auf der Strecke, was bei vielen Betroffenen Frust auslöst.

Nicht zuletzt ist die geringe Bezahlung ein Grund dafür, warum es viele Fach- und auch Hilfskräfte in eine andere berufliche Richtung treibt. Vielen Pfleger:innen fehlt die Wertschätzung für die harte, aber so wertvolle Arbeit, die sie tagtäglich leisten – insbesondere bei den steigenden Lebensunterhaltungskosten.

Die Auswirkungen des Pflegenotstands auf unsere Gesellschaft

Der Pflegenotstand hat gravierende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Die Qualität der pflegerischen Versorgung ist stark beeinträchtigt. Durch den Mangel an erwerbstätigen Pflegekräften bleibt oft wenig Zeit für eine individuelle Betreuung der Bedürftigen. Das kann zu Frustration bei den Patient:innen führen und ihre Genesung negativ beeinträchtigen. Gleichzeitig steigt die finanzielle Belastung für Familien, die auf Unterstützung angewiesen sind. Privatzahler:innen müssen hohe Kosten tragen, während die öffentliche Hand oft nicht genügend Mittel zur Verfügung stellt.

Auch die gesundheitliche Situation der Bevölkerung leidet unter dem Pflegekräftemangel. Lange Wartezeiten für Termine und Behandlungen sind keine Seltenheit, wodurch sich Krankheiten verschlimmern können. Aufgrund der fehlenden Fachkräfte können ebenso Präventionsmaßnahmen nur eingeschränkt umgesetzt werden.

Auf die wirtschaftliche Entwicklung hat der Pflegenotstand langfristige Auswirkungen. Eine gute pflegerische Versorgung ist essenziell für eine gesunde und arbeitsfähige Bevölkerung. Wenn Pflegefachkräfte fehlen, können junge pflegebedürftige Menschen nicht im Berufsleben aktiv sein. Die Produktivität nimmt ab, zudem belasten hohe Pflegekosten die öffentlichen Haushalte und können die Wirtschaft nachhaltig schwächen.

Lösungsansätze

Zur Bewältigung des Pflegenotstands in Deutschland gibt es verschiedene Lösungsansätze. Darüber steht das Hauptziel: Die Zahl der Erwerbstätigen in der Pflege erhöhen und bessere Arbeitsbedingungen schaffen.

Verbesserte Arbeitsbedingungen

An erster Stelle steht die Schaffung eines attraktiveren Arbeitsumfeldes, um Pfleger:innen eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle für Pflegekräfte, eine bessere Bezahlung und ausreichend Personal, um Arbeitsstress zu reduzieren. Zudem sollten Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Pflegefachkräfte ausgebaut werden, um ihre berufliche Entwicklung zu unterstützen.

Pflege-Nachwuchs fördern 

Im Januar 2020 wurde mit dem Pflegeberufegesetz eine generalisierte Ausbildung für Alten- und Gesundheitspfleger:innen eingeführt, durch die Absolvent:innen flexibler in der Wahl ihres Arbeitsplatzes sind. Anreize wie Stipendien für angehende Pflege-Student:innen sollen zusätzlich zur Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs beitragen.

Neue gesetzliche Regelungen für 2024

Folgende Maßnahmen hat die Politik bereits ergriffen, um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken:

  • Anpassung der Pflegepersonaluntergrenzen:  Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) für 2024 wurde aktualisiert und legt fest, wie viele Pflegekräfte, Pflegehilfskräfte und Hebammen pro Fachbereich eines Krankenhauses mindestens in einer Schicht arbeiten müssen. Ziel ist die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung der Patient:innen.
  • Erhöhung des Pflegemindestlohns: Der Mindestlohn für Pflegekräfte wird ab dem 1. Mai 2024 je nach Qualifikationsstufe angehoben. Für Pflegehilfskräfte liegt er dann bei 15,50 Euro pro Stunde, für qualifizierte Pflegehilfskräfte bei 16,50 Euro pro Stunde und für Pflegefachkräfte bei 20,50 Euro pro Stunde​​.
  • Mehr Urlaub für Pflegekräfte: Pflegekräfte erhalten nun neun statt sieben zusätzliche Urlaubstage über den gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Tagen hinaus, wodurch sich der gewährte Urlaubsanspruch von den bisherigen 27 auf 29 Tage erhöht​​.
  • Einfachere Integration von ausländischen Pflegekräften: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz erleichtert ausländischen Pflegekräften Einreise und Arbeit.

Fazit

In Zeiten, in denen der Druck auf die Fachkräfte steigt und Ressourcen knapp sind, ist es umso wichtiger, die Wertschätzung für die Arbeit der Pflegenden zu steigern. Der Pflegenotstand ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die dringend angegangen werden muss. Höhere Löhne, attraktivere Arbeitsbedingungen und eine gezielte Förderung junger Pflegekräfte sind notwendig, um die Auswirkungen auf die Gesellschaft abzumildern und eine zukunftsfähige Pflegeversorgung zu gewährleisten. 

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet Pflegenotstand?

Pflegenotstand beschreibt eine Situation, in der nicht genügend Pflegepersonal vorhanden ist, um die nötige Versorgung und Betreuung von Pflegebedürftigen sicherzustellen. Kurz gesagt: Es gibt mehr zu pflegende Menschen als Hände, die helfen können.

In welchen Bereichen gibt es einen Pflegenotstand?

Der Pflegenotstand zeigt sich vor allem in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, aber ebenso in der häuslichen und ambulanten Pflege. Besonders in der Altenpflege sowie in Krankenhäusern sind die personellen Engpässe spürbar.

Warum gibt es in Deutschland einen Pflegenotstand?

Der Hauptgrund für den Pflegenotstand in Deutschland ist eine alternde Gesellschaft bei einem gleichzeitigen Mangel an Pflegekräften. Viele Pflegekräfte verlassen den Beruf aufgrund der hohen Arbeitsbelastung und geringen Bezahlung, was die Situation weiter verschärft.

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