Pflegestufe 1 – praktische Beispiele und Tipps für die Pflege zu Hause
Inhaltsverzeichnis
Der Pflegegrad 1 (ehemals Pflegestufe) ist für viele pflegebedürftige Personen der erste Schritt in die häusliche Pflege. Er richtet sich an Menschen, die Unterstützung im Alltag benötigen, diesen aber überwiegend noch selbstständig meistern können. In diesem Blogbeitrag erfährst du, welche Voraussetzungen es für den Pflegegrad 1 gibt und welcher Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse damit verbunden ist. Außerdem verraten wir dir, welche Möglichkeiten es für die häusliche Pflege deiner Angehörigen gibt und geben dir nützliche Tipps mit auf den Weg.
Hinweis
Die alten Pflegestufen wurden im Januar 2017 durch die Umstellung auf Pflegegrade abgelöst. Dieser Artikel bezieht sich daher auf den Pflegegrad 1, für die Pflegestufe 1 noch häufig als Synonym verwendet wird.
Was Pflegegrad 1 bedeutet
Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit, die im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Deutschland anerkannt wird. Menschen mit anerkanntem Pflegegrad 1 sind zwar auf keine umfassende Pflege angewiesen, dennoch haben sie eine geringe Beeinträchtigung, beispielsweise aufgrund krankheits- oder therapiebedingter Ursachen, die körperliche Defizite oder psychische Problemlagen mit sich bringen. Eine eingeschränkte Alltagskompetenz ist also vorhanden, die eine Unterstützung durch pflegende Angehörige, eine professionelle Alltagsbetreuung oder Pflegekräfte erfordert.
Voraussetzungen für Pflegegrad 1
Die betroffene Person stellt einen Antrag auf Pflegegrad bei ihrer Krankenkasse bzw. ihrer Krankenversicherung, um Pflegegrad 1 zu erhalten. Für die Einstufung in Pflegegrad 1 müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehören körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigungen, die regelmäßige Unterstützung im Alltag erfordern. Diese kann sich auf die Mobilität, die Körperpflege, die Ernährung oder die hauswirtschaftliche Versorgung beziehen.
Der Pflegegrad 1 definiert sich durch eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Zur Ermittlung des korrekten Pflegegrads wird bei gesetzlich Versicherten eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung durchgeführt. Bei privat Versicherten sind dafür die private Pflegeversicherung und die Firma Medicproof zuständig. Um den Bedarf an Unterstützung und den richtigen Pflegegrad zu ermitteln, werden verschiedene Bereiche des täglichen Lebens bewertet. Dazu zählen beispielsweise die Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und die Selbstversorgung. Beim Gutachten werden für jeden Lebensbereich Punkte vergeben, die in der Summe den jeweiligen Pflegegrad bestimmen. Die Voraussetzung für Pflegegrad 1 sind 12,5 Punkte bis unter 27 Punkte.
Leistungen für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1
Personen mit anerkanntem Pflegegrad 1 erhalten unterschiedliche Leistungen von der Pflegekasse. Sie können für monatliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen Gelder in Anspruch nehmen und damit verschiedene Angebote zur Unterstützung finanzieren – wie beispielsweise eine Haushaltshilfe oder eine Alltagsbegleitung durch eine ausgebildete Fachkraft. Auch bestimmte Pflegehilfsmittel sind im Leistungsumfang der Pflegekasse enthalten.
Beispiele für Pflegehilfsmittel sind:
- Desinfektionsmittel
- Einweghandschuhe
- Bettschutzeinlagen
- Schutzbekleidung
- Kopfwaschsysteme
- Lagerungsrollen
- Hausnotrufsysteme
Versicherte mit Pflegegrad 1 haben allerdings keinen Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst, da sie ihren Alltag weitestgehend selbständig bewältigen können. Welche Leistungen der betroffenen Person im Detail zustehen, kannst du dieser Tabelle entnehmen:
Geldleistungen bei Pflegegrad 1 | Höhe und Häufigkeit der Leistung |
Pflegegeld oderPflegesachleistungen | kein Anspruch |
Betreuungs- und Entlastungsleistungen | 125 Euro pro Monat |
Tages- und Nachtpflege | kein Anspruch |
Kurzzeitpflege | kein Anspruch |
Verhinderungspflege | kein Anspruch |
Vollstationäre Pflege | kein Anspruch |
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch | max. 40 Euro pro Monat |
Zuschüsse zum Hausnotruf | 25,50 Euro pro Monateinmaliger Einrichtungszuschuss: 10,40 Euro |
Wohnraumanpassung | 4.000 Euro pro Gesamtmaßnahme |
Wohngruppenzuschuss | 214 Euro pro Monat |
Ein praktisches Beispiel für Pflegegrad 1 Leistungen
Hannelore ist 78 Jahre und lebt alleine in ihrer Wohnung. Nach einem Sturz ist die Beweglichkeit ihres rechten Arms eingeschränkt, was ihr das Anziehen erschwert. Auch das Tragen der Einkaufstüten und Putzen bereitet ihr Probleme. Sie stellt einen Antrag auf Pflegeleistungen bei ihrer Krankenkasse und erhält nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes den Pflegegrad 1. Mit dem monatlichen Entlastungsbeitrag, den sie von der Pflegekasse erhält, bezahlt sie eine Alltagsbegleiterin, die sie im Haushalt unterstützt und bei gemeinsamen Aktivitäten wie zum Beispiel Spaziergängen begleitet. Außerdem lässt sie einen Hausnotruf installieren, für den sie monatlich 25,50 Euro für die Betriebskosten bezuschusst bekommt. Da Hannelore für die Zukunft vorsorgen und weiterhin in ihrer Erdgeschosswohnung leben möchte, plant sie einen altersgerechten Wohnraumumbau und möchte unter anderem eine barrierefreie Dusche im Badezimmer einbauen lassen. Für alle Umbaumaßnahmen erhält sie von der Krankenkasse einen Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro.
Hilfebedürftige mit Pflegegrad 1 zu Hause pflegen
Die Pflege zu Hause ist eine häufig gewählte Option für Hilfsbedürftige mit Pflegegrad 1. Sie ermöglicht es den Betroffenen, in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben und dort die notwendige Unterstützung zu erhalten. Es gibt für jede individuelle Pflegesituation verschiedene Möglichkeiten, die häusliche Pflege zu organisieren:
Betreuung durch pflegende Angehörige
Oft übernehmen Familienmitglieder die Pflege in den eigenen vier Wänden der betroffenen Person. Diese Form der Betreuung kann sowohl für die pflegebedürftige Person als auch für die pflegende Person herausfordernd sein, stärkt aber gleichzeitig die familiäre Bindung. Die Pflegekasse zahlt einen Entlastungsbeitrag für die Pflege durch Angehörige in häuslicher Pflege, der 125 Euro monatlich beträgt.
Unterstützung von Alltagshilfen
Häufig sind Familienmitglieder selbst so stark in ihren Alltag eingespannt, dass nicht die nötige Zeit bleibt, um sich um die pflegebedürftige Person zu kümmern. Hier sind verschiedene Alltagshilfen eine gute Lösung, die pflegenden Angehörigen entweder unterstützend unter die Arme greifen oder die Betreuung vollständig übernehmen. Dazu gehören beispielsweise Haushaltshilfen, Alltagsbetreuer:innen und Fahrdienste. Für diese Fremdleistungen kann der Anspruch auf Entlastungsleistung geltend gemacht werden.
Hilfe durch professionelle Pflegekräfte
Benötigt die pflegebedürftige Person bereits Unterstützung bei der Körperpflege oder Medikamenteneinnahme, kann auch ein ambulanter Pflegedienst für die professionelle Pflege beauftragt werden. Geschulte Pflegekräfte stellen sicher, dass deine Liebsten in besten Händen sind und du dich auf dein eigenes Alltagsleben konzentrieren kannst. Die Pflegekasse stellt dir einen monatlichen Entlastungsbeitrag von 125 Euro zur Verfügung, der für die Grundpflege durch einen ambulanten Pflegedienst einsetzbar ist.
7 praktische Tipps für die häusliche Pflege von Versicherten mit Pflegegrad 1
Die Pflege zu Hause stellt viele Angehörige vor neue Herausforderungen, da sie den Alltag ihrer Liebsten optimal gestalten und sie bestmöglich unterstützen möchten. Zu den unterstützenden Maßnahmen gehören unter anderem ein barrierefreies Umfeld, bestimmte Hilfsmittel und die Organisation von Alltagsbegleiter:innen oder eines ambulanten Pflegedienstes. Wir geben dir einige praktische Tipps an die Hand, wie du die Pflege zu Hause für deine:n Angehörige:n mit Pflegegrad 1 optimal gestaltest:
1. Professionelle Beratung einholen
Am besten ist es, dich direkt von Anfang an von Expert:innen beraten zu lassen. Dir steht eine Ansprechperson bei deiner Krankenkasse zu, die dich während deines Antrags auf Pflegeleistungen berät. Hole dir außerdem professionelle Unterstützung von Pflegeberater:innen oder sozialen Diensten. Diese Fachleute können dir detaillierte Informationen zu den verschiedenen Pflegemöglichkeiten geben und dich bei der Antragstellung für den Pflegegrad unterstützen.
2. Ein Pflegekonzept erstellen
Ein individuelles Pflegekonzept ist unerlässlich, um die Pflege zu Hause optimal zu gestalten. Arbeite mithilfe von geschulten Pflegekräften daran, einen individuellen Plan zu entwickeln, der die Bedürfnisse und Wünsche deiner pflegebedürftigen Person berücksichtigt. Dabei legst du Aufgaben und Zuständigkeiten fest, um Klarheit bei allen an der Pflege Beteiligten zu schaffen.
3. Unterstützung im Alltag bieten
Fördere die Selbstständigkeit der hilfsbedürftigen Person, aber biete gleichzeitig die nötige Unterstützung an. Kleine Hilfestellungen im Alltag können eine große Entlastung sein und stärken die Selbstbestimmung des pflegebedürftigen Menschen.
4. Barrierefreiheit schaffen
Achte darauf, dass das Zuhause deiner betroffenen Person barrierefrei gestaltet ist. Dies erleichtert deinen Angehörigen die Bewegung innerhalb ihrer eigenen vier Wände und minimiert das Risiko von Stürzen und Verletzungen.
5. Entlastungsmöglichkeiten nutzen
Die Pflege zu Hause sollte nicht allein von einer Person geleistet werden. Baue dir ein Netzwerk aus Freunden, Nachbarn und Familienmitgliedern auf, die dich bei Bedarf unterstützen können. Nehme auch Angebote von Tagespflegeeinrichtungen oder die Kurzzeitpflege in Anspruch, um dich zu entlasten und gönne dir Ruhepausen.
6. Förderung der sozialen Teilhabe
Pflegebedürftige Personen, die in häuslicher Pflege betreut werden, sind häufig isoliert von ihrer Außenwelt. Sorge dafür, dass dein:e Angehörige:r sozial eingebunden bleibt, um psychische Problemlagen wie beispielsweise Altersdepression vorzubeugen. Gemeinsame Aktivitäten und der Kontakt zu anderen Menschen können das Wohlbefinden der hilfsbedürftigen Person positiv beeinflussen.
7. Regelmäßige Überprüfung der individuellen Pflegesituation
Die Bedürfnisse und Ansprüche an die Pflege können sich im Laufe der Zeit ändern. Überprüfe daher regelmäßig die Selbstversorgungsfähigkeit und den körperlichen und geistigen Zustand der pflegebedürftigen Person. Passe das Pflegekonzept gegebenenfalls an neue Bedürfnisse an oder ziehe eine Erhöhung des Pflegegrads in Erwägung. Diesen kannst du mit einem erneuten Antrag bei der Pflegekasse einfordern, um bessere Leistungen für die Pflege zu erhalten.
Mit häuslicher Pflege die Lebensqualität verbessern
Pflegebedürftige Menschen mit Pflegegrad 1 können noch gut in ihrer vertrauten Umgebung betreut werden. Die häusliche Pflege erfordert Engagement und Planung, hilft jedoch die Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen zu verbessern. Mit einer professionellen Beratung und einem individuellen Pflegekonzept kannst du die häusliche Pflege deiner Liebsten optimal gestalten und deinem Familienmitglied ein würdevolles und erfülltes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Setze dich am besten frühzeitig mit diesem Thema auseinander und leite die notwendigen Schritte für die Beantragung eines Pflegegrads ein, um im Bedarfsfall schnellstmöglich Leistungen aus der Pflegekasse zu erhalten.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die Voraussetzungen für Pflegegrad 1?
Den Pflegegrad 1 erhalten Personen, die in ihrer Selbstständigkeit geringfügig eingeschränkt sind und ihren Alltag größtenteils noch selbst bewältigen können. Sie sind in der Regel nur auf wenig Hilfe angewiesen, zum Beispiel im Haushalt oder beim Einkaufen.
Welche Leistungen bekommen Hilfsbedürftige mit Pflegegrad 1 von der Pflegekasse?
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 haben Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, erhalten jedoch kein Pflegegeld oder Pflegesachleistungen. Ihnen steht aber finanzielle Unterstützung für Betreuungsleistungen, Hilfsmittel und Wohnraumanpassungen zu.
Wie wird der Pflegebedarf für Pflegegrad 1 festgestellt?
Die Ermittlung des konkreten Pflegebedarfs erfolgt durch den Medizinischen Dienst der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei privat Versicherten durch die Firma Medicproof. Diese führen eine Begutachtung durch, bei der verschiedene Aspekte der Selbstständigkeit und Pflegebedürftigkeit bewertet werden.